Berlin – Eine PET/CT-Untersuchung, die verborgene Krebsherde im Körper aufspürt, kann vielen Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren eine ausgedehnte Operation am Hals ersparen und dadurch die Behandlungskosten deutlich senken. Dies zeigt eine britische Studie, die im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde und nach Ansicht des Berufsverbands Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) neue Standards in der Therapie von Kopf-Hals-Tumoren setzt.
Etwa fünf Prozent aller Krebserkrankungen treten in der Schleimhaut von Mundhöhle, Rachen oder Kehlkopf auf. „Diese Kopf-Hals-Tumore bilden häufig Metastasen in den Lymphknoten im Halsbereich“, erläutert Professor Dr. med. Matthias Schmidt von der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Köln. „In diesem Fall gehört die chirurgische Entfernung aller Lymphknoten einschließlich der umgebenden Weichteile am Hals zur Behandlung“, fügt der BDN-Experte hinzu. Diese Operation, auch Neck-Dissection genannt, kann durch Nervenverletzungen zu Komplikationen führen und auch dauerhafte kosmetische Einschränkungen im Halsbereich verursachen.
Seit längerem ist bekannt, dass viele Patienten gar keine Neck-Dissection benötigen. Denn Bestrahlungen und Chemotherapie, die zur Krebsbehandlung gehören, können auch die Metastasen in den Lymphdrüsen zerstören. „Es war jedoch lange Zeit nicht möglich, diesen Behandlungserfolg ohne die Entfernung der Lymphknoten mit anschließender feingeweblicher Untersuchung durch den Pathologen nachzuweisen“, so Schmidt.
Mit einer PET/CT-Untersuchung kann dies heute gelingen. Das Verfahren kombiniert zwei unterschiedliche Methoden: die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die Computertomographie (CT). Für die PET wird dem Patienten ein schwach radioaktiver Tracer in die Vene injiziert. „Meistens ist es die traubenzuckerähnliche Substanz F-18-FluorDesoxyGlukose (FDG), die viele Krebszellen als Brennstoff verwenden“, erklärt BDN-Experte Schmidt. Da Krebszellen mehr Energie benötigen als andere Zellen, kommt es zu einer Anreicherung des Tracers, die im PET-Scanner sichtbar wird. Das direkt danach im gleichen Gerät angefertigte CT zeigt, wo genau sich die Metastasen befinden.
Eine Studie an 37 Behandlungszentren in Großbritannien belegt nun, dass die PET/CT-Untersuchung die Metastasen zuverlässig erkennt. Insgesamt 564 Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren und einem Befall der Lymphknoten wurden nach dem Losverfahren auf zwei Gruppen verteilt. Die erste Gruppe erhielt, wie derzeit üblich, eine Neck-Dissection – sofern der Gesundheitszustand der Studienteilnehmer dies zuließ und die Patienten mit einer Operation einverstanden waren. In der anderen Gruppe folgte zwölf Wochen nach dem Abschluss von Bestrahlung und Chemotherapie zunächst eine PET/CT-Untersuchung; nur, wenn dort Metastasen sichtbar waren, sollte die Operation folgen. Ergebnis: Im PET/CT-Arm der Studie wurden nur 19 Prozent der Patienten operiert gegenüber 78 Prozent in der Gruppe mit dem Standardverfahren.
„Inzwischen sind im Durchschnitt drei Jahre vergangen, ohne dass der Verzicht auf die Neck-Dissection nachteilige Folgen hatte“, erläutert Schmidt. Die Überlebensrate nach zwei Jahren war mit 85 Prozent gegenüber 82 Prozent sogar etwas höher als unter dem derzeitigen Therapiestandard. Der Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant, ein Zufall deshalb nicht auszuschließen.
„Die Ergebnisse belegen jedoch zweifelsfrei, dass die PET/CT-Strategie gleich gute Ergebnisse liefert wie eine Operation aller Patienten“, bilanziert der BDN-Experte. Dabei erspart die PET/CT-Strategie den Patienten nicht nur unnötige medizinische Komplikationen, sondern auch unvorteilhafte kosmetische Folgen durch die Neck-Dissection. Sie könnte auch für die Krankenkassen attraktiv sein: Eine PET/CT-Untersuchung kostet zwar Geld, durch den Verzicht auf vier von fünf Operationen werden die Behandlungskosten insgesamt jedoch gesenkt. So betrugen die Einsparungen in der britischen Studie pro Patient 1.492 Pfund, umgerechnet etwa 1.850 Euro.
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