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Belastungs-EKG als unnötige Aerosolquelle vermeiden

BDN verweist auf effektiveres Verfahren zur Herzuntersuchung

Berlin, Februar 2021 In Zeiten der SARS-CoV-2-Pandemie ist gemeinsamer Sport in geschlossenen Räumen bekanntlich keine gute Idee, weil bei körperlicher Anstrengung vermehrt Aerosole ausgestoßen werden. Ähnlich stark außer Atem kommen jedoch auch Menschen, die sich bei Verdacht auf eine Erkrankung der Herzkranzgefäße einem Belastungs-EKG unterziehen. Das medizinische Personal, das die Patienten während dieser Untersuchung betreut, ist deshalb einem hohen Infektionsrisiko mit dem Coronavirus ausgesetzt und soll mit höchster Priorität geimpft werden. Mit der Myokardszintigraphie steht für Kassenpatienten ein alternatives Untersuchungsverfahren zur Verfügung, das unnötige Aerosolbelastung vermeidet und dem Belastungs-EKG in der Aussagekraft überlegen ist. Darauf weist der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN) hin.

Gemäß der aktuellen Coronavirus-Impfverordnung zählen „Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen (...) tätig sind, (...) in denen für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 relevante aerosolgenerierende Tätigkeiten durchgeführt werden“*, zu den Hochrisikopersonen und sollen mit höchster Priorität geimpft werden. „Das Belastungs-EKG auf dem Fahrradergometer zählt eindeutig zu diesen aerosolgenerierenden Tätigkeiten“, sagt Professor Dr. med. Detlef Moka, niedergelassener Nuklearmediziner in Essen und 1. Vorsitzender des BDN. Bei der Untersuchung wird der Patient dazu aufgefordert, seinen Puls durch körperliche Aktivität bis an die Belastungsgrenze zu treiben; dabei werden zwangsläufig große Aerosolmengen ausgestoßen, die möglicherweise virusbelastet sind. Das Dilemma dabei ist, dass den Patienten in dieser Situation keine FFP2-Maske zuzumuten ist – ohne Maske jedoch ist das anwesende Personal stark gefährdet.

Herzuntersuchungen sind aber auch in Pandemiezeiten unerlässlich und dulden keinen Aufschub. „Gerade das Belastungs-EKG, das zu den häufigsten Untersuchungen in diesem Bereich zählt, lässt sich sehr leicht durch eine Myokardszintigraphie mit medikamentös erzeugter Belastung ersetzen, die die Aerosolbelastung des Personals nicht erhöht“, sagt BDN-Experte Professor Dr. med. Sigmund Silber, niedergelassener Kardiologe aus München mit Fachkunde Nuklearkardiologie. „Mit einer solchen Myokardszintigraphie sind sogar deutlich genauere Aussagen über die Durchblutung des Herzmuskels möglich als mit einem Belastungs-EKG“, fügt der Herzspezialist hinzu. So hat die European Society of Cardiology (ESC) die diagnostische Aussagekraft des Belastungs-EKGs in ihren aktuellen Leitlinien** herabgestuft und bildgebende Verfahren wie Stressechokardiographie, Stress-Magnetresonanztomographie (Stress-MRT), Kardio-Computertomographie (Kardio-CT) und Stress-Myokardszintigraphie vorangestellt, um einen Verdacht auf eine Koronare Herzkrankheit (KHK) abzuklären. Im Gegensatz zur Stress-MRT und Kardio-CT ist die Stress-Myokardszintigraphie eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Bei der Myokardszintigraphie wird ein schwach radioaktives, nicht jodhaltiges Kontrastmittel in eine Vene injiziert und anschließend die Blutversorgung des Herzmuskels mit einer speziellen Kamera aufgenommen. Dabei kann die Durchblutung auch ohne Treten auf dem Fahrradergometer unter Belastung gemessen werden, indem die gefäßerweiternden Wirkstoffe Adenosin oder Regadenoson die Herzkranzgefäße rein medikamentös unter Stress setzen – die Durchblutung wird so ohne körperliche Aktivität beeinflusst.

Das bei der Myokardszintigraphie verwendete Technetium hat eine sehr kurze Halbwertszeit von wenigen Stunden; die durch die Untersuchung verursachte Strahlenexposition ist daher nur gering und entspricht ungefähr der natürlichen Belastung binnen eines Jahres. Durch neue digitale Kameras sind außerdem sehr kurze, für die Patienten bequeme Aufnahmezeiten von wenigen Minuten möglich geworden.

„Mit der medikamentösen Stress-Myokardszintigraphie steht somit ein sicheres, aussagekräftiges und schonendes Verfahren in der Herzdiagnostik zur Verfügung, das dazu beitragen kann, die Aerosolbelastung des medizinischen Personals stark zu reduzieren“, resümiert der BDN-Vorsitzende Moka. „Um die Corona-Gefährdung zu verringern und dem Patienten die effektivere Diagnostik zukommen zu lassen, sollte man dieses Potenzial jetzt insbesondere in der Pandemie verstärkt nutzen“, rät BDN-Experte Silber.

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*Auszug aus der „Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2(Coronavirus-Impfverordnung–CoronaImpfV)“, Bundesministerium für Gesundheit, Quelle: Bundesanzeiger, veröffentlicht am 21. Dezember 2020: https://www.bundesanzeiger.de/pub/publication/uiOU7Q0UIHTjQ7Uk9S2/content/uiOU7Q0UIHTjQ7Uk9S2/BAnz%20AT%2021.12.2020%20V3.pdf?inline

(…) §2 Schutzimpfungen mit höchster Priorität
Folgende Personen haben mit höchster Priorität Anspruch auf Schutzimpfung (…)
Absatz 4:
Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem sehr hohen Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 tätig sind, insbesondere auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, in Rettungsdiensten, als Leistungserbringer der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, in den Impfzentren im Sinne von § 6 Absatz 1 Satz 1 sowie in Bereichen, in denen für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 relevante aerosolgenerierende Tätigkeiten durchgeführt werden,

** https://leitlinien.dgk.org/leitlinien/esc-guidelines/

Silber, Sigmund: ESC-Leitlinie 2019 zum chronischen Koronarsyndrom (CCS, vormals „stabile KHK“). Was ist neu? Was ist besonders wichtig? Herz 2019 · 44:676–683. Online publiziert:11. November 2019© Springer Medizin Verlag GmbH. https://doi.org/10.1007/s00059-019-04862-6
 

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